Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir erteilen bisher zu Kreditsicherheiten (z. B. Grundschuld, Bürgschaft, Abtretung der Bezüge) bei Verbrauchern vorvertragliche Informationen (mit Widerrufsbelehrung). Der BGH (Urteil vom 22.09.2020, XI ZR 219/19) hat bereits im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Widerrufsrecht eines Verbrauchers bei Bürgschaftsverträgen und sonstigen Kreditsicherheitenverträgen nicht besteht. Die Bankenverbände (DSGV, BVR) nehmen dieses Urteil nunmehr aktuell zum Anlass, die bisher von ihnen erteilten vorvertraglichen Informationen zu Kreditsicherheitenverträgen einzustellen.
Da der BGH die Angelegenheit nicht dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hat, wird in der Literatur das Risiko gesehen, dass die Entscheidung des BGH im Falle einer Vorlage durch ein anderes Gericht an den EuGH zukünftig keinen Bestand haben könnte. Deshalb wollen einige Institute wohl rein vorsorglich nach wie vor die vorvertraglichen Informationen bei Kreditsicherheitenverträgen erteilen und an dieser Verfahrensweise bis zu einer Entscheidung durch den EuGH festhalten.
Uns würde interessieren, zu welcher Verfahrensweise Sie sich entschlossen haben.
Viele Grüße aus Hannover,
Bettina Kißing
Die ILB hat sich nach Auswertung des BGH-Urteils und der kritischen Stimmen in der Literatur aus Risikogesichtspunkten dafür entschieden, b. a. w. die bereits etablierten VVI bei Kreditsicherheiten beizubehalten. (ähnlich der Argumentationen z. B. von SAB und IB-SH)
Die ISB vereinbart die Kreditsicherheiten regelmäßig im Darlehensvertrag. Drittsicherheiten werden nur in Ausnahmefällen vereinbart. Isolierte Kreditsicherheitenverträge werden in der Regel mit Verbrauchern nicht geschlossen. Mit dem Darlehensvertrag erteilt die ISB die vorvertraglichen Informationspflichten. In einem Streitfall würden wir uns wie die IB.SH aufstellen
Wir halten die Begründung des BGH für überzeugend und die latente Gefahr einer Befassung des EuGH mit dieser Rechtsfrage und das Risiko einer anderslautenden Entscheidung, für hinnehmbar. Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Anpassung des Finanzdienstleistungsrechts an die Rechtsprechung der Europäischen Union vom 14.06.2021 hat die IBB daher die Erteilung der vorvertraglichen Informationen bei der Bereitstellung von Kreditsicherheiten durch Verbraucher eingestellt.
Die SAB hält bisher an der VVI für Kreditsicherungsgeber mit Verbrauchereigenschaft fest.
Auch wir sehen die Gefahr, dass eine europarechtliche Überprüfung wegen des grundsätzlichen Schutzsystems für Verbraucher zu einem anderen Ergebnis führen könnte und sich deutsche Gerichte dem anschließen. Sollte sich zeigen, dass Banken künftig mehrheitlich auf die Anwendung des Verbraucherschutzrechts für Sicherungsgeber verzichten, würde wohl auch die SAB ihre Praxis ändern. Da die SAB ihre Darlehensverträge überwiegend im Fernabsatz abschließt, hätte es den Vorteil, dass sich Auszahlungen nicht mehr durch den Lauf der Widerrufsfrist verzögern würden.
Das in der Literatur und wohl auch vom DSGV gesehene Risiko ist der BayernLabo bekannt. Gleichwohl hat sich die BayernLabo aufgrund des Urteils des BGH dazu entschlossen, künftig auf die Erteilung von VVI bei Kreditsicherheitenverträgen (insb. Bürgschaften) zu verzichten.
Die Wohnraumförderung der NRW.BANK nimmt weiterhin keien vorvertraglichen Informationen bei Kreditsicherheitenverträge (Schuldbeitritten/Bürgschaften) vor.
Es trifft zu, dass es zu der hier in Rede stehenden Frage noch keine Rechtsprechung des EuGH gibt, sodass ein Verzicht auf vorvertragliche Informationen bei Kreditsicherheitenverträgen ein rechtliches Restrisiko bedeuten könnte. Von einer diesbezüglichen Bewertung hat der Bereich Recht abgesehen, da hiervon unabhängig die Fachbereiche der IB.SH sich an den Prozess der Informationserteilung bei Kreditsicherheitenverträgen gewöhnt haben und sich keine nennenswerte Erleichterungen von einer Änderung der bestehenden Praxis versprechen.
Vor diesem Hintergrund erteilt die IB.SH weiterhin vorvertragliche Informationen, würde sich aber in einem Streitfall unter Hinweis auf das BGH-Urteil vom 22.09.2020 darauf berufen, dass die Informationen rechtlich nicht geschuldet sind, sondern auf freiwilliger Basis erfolgen.