Sehr geehrte Damen und Herren,
Hannover hatte für den Erfahrungsaustausch in Kiel den Tagesordnungspunkt „Bearbeitungsentgelt und Landesgesetz“ eingebracht. Es wurde vereinbart, dass dieser im Rahmen einer Ad-hoc-Umfrage behandelt werden soll. Das wollen wir mit der neuen Plattform gleich ausprobieren.
Sowohl Bewilligungsbescheid als auch Darlehensvertrag beinhalten u.a., dass der Kunde ein (einmaliges) Bearbeitungsentgelt und einen (laufenden) Verwaltungskostenbeitrag zu zahlen hat. Rechtsgrundlage hierfür sind in Niedersachsen allein die sog. Wohnungsbauförderungsbestimmungen (WFB). Rechtlich handelt es sich bei den WFB um eine Verwaltungsvorschrift.
Aktuelle Urteile, die bei Förderdarlehen ein Begehren des Kunden auf Erstattung des Bearbeitungsentgelts und/oder der Verwaltungskostenbeiträge zurückweisen, begründen dies damit, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung aus dem rechtskräftigen Bewilligungsbescheid ergebe und es daher auf die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung nicht ankomme (vgl. VG Berlin, Urteil vom 21.01.2015, Az. VG 7 K 400.14; VG Berlin, Urteil vom 19.03.2009, Az. 16 A 36.06, juris, Rdnr. 18; ähnlich: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 06.08.2014, Az. 2-15 S 40/14, S. 4/5) bzw. verweisen im Hinblick auf den Bewilligungsbescheid auf die Möglichkeit verwaltungsrechtlicher Anfechtung (vgl. AG Stuttgart, Urteil vom 07.08.2014, Az. 1 C 1279/14).
Hannover befürchtet, dass diese Rechtsprechung dazu führen könnte, dass sich zukünftig Kunden gegen die im Bewilligungsbescheid enthaltenen Regelungen zu Bearbeitungsentgelt und/oder Verwaltungskostenbeitrag wenden und verwaltungsgerichtliche Klage erheben. Derartige Klagen dürften wohl auch Aussicht auf Erfolg haben, weil die Erhebung von Entgelten und Gebühren durch Verwaltungsakt gesetzlicher Grundlage bedarf und es hieran –zumindest in Niedersachsen- mangelt.
Wie die Rechtsgrundlagen anderer Bundesländer zeigen (vgl. z. B. § 7 Investitionsbank-Begleitgesetz Sachsen-Anhalt, § 7 HAG WoFG (Hessen), § 11 Abs. 2 NRW WFNG) wurde dort die Erhebung von Bearbeitungsentgelt und Verwaltungskostenbeitrag durch eine landesgesetzliche Vorschrift geregelt.
Zur Vermeidung von zukünftigen (verwaltungsgerichtlichen) Problemen erwägt Hannover, dem Land ebenfalls die Schaffung einer landesgesetzlichen Rechtsgrundlage für die Erhebung von Bearbeitungsentgelt und Verwaltungskostenbeitrag vorzuschlagen.
Hannover interessiert, ob andere Länder vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen ebenfalls Regelungsbedarf sehen und wenn ja, welche Lösungswege (z. B. Schaffung eines Paragraphen im Landeswohnungsbaugesetz oder im Investitionsbankgesetz) in Erwägung gezogen werden.
Vielen Dank im Voraus und ein schönes Wochenende.
André Sander
In Bremen werden die in den Darlehensverträgen vereinbarten laufenden und einmaligen VKB ebenfalls gleichzeitig in einem Fördervertrag (früher: Förderbescheid) vereinbart, der seine Rechtsgrundlage in den geltenden Förderrichtlinien (Verwaltungsvorschriften) hat. Eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung der VKB gibt es nicht.
Bislang gibt es in Bremen ein gerichtliches Verfahren vor dem Amtsgericht, in dem der Kunde die Erstattung der VKB begehrt. Allerdings hat das Amtsgericht Bremen zuletzt einen Hinweis gegeben, dass es sich selbst für unzuständig hält und das Verfahren an das Verwaltungsgericht Bremen abgeben möchte. Eine Entscheidung steht noch aus.
Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr ist auf die Problematik der möglichen Erstattung der VKB und der fehlenden gesetzlichen Grundlage hingewiesen worden. Dort wird jedoch angesichts der geringen Fallzahlen (1 Gerichts-, zwei Mahn- und zwei Ombudsmannverfahren) kein Handlungsbedarf gesehen.
Die bislang gelebte Praxis für die Erhebung von Bearbeitungsentgelten und Verwaltungskostenbeiträgen basiert auf der Grundlage der Wohnungsbauförderungsrichtlinien.
Die Bedenken teilen wir, eine Erörterung auf Landesebene hat noch nicht stattgefunden.
In Thüringen beruhen die Verwaltungskostenbeiträge für Darlehen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung auf Regelungen in Verwaltungsvorschriften. Im Landeswohnraumfördergesetz findet sich lediglich eine allgemeine Ermächtigung für das zuständige Ministerium zum Erlass von Verwaltungsvorschriften über Voraussetzungen der Förderung und deren Durchführung. Bei den in Kooperation mit dem Land aufgelegten Eigenprogrammen tritt an die Stelle der Verwaltungsvorschriften eine Verwaltungsvereinbarung.
Im bisher einzigen entschiedenen Rechtsstreit um solche Verwaltungskostenbeiträge der TAB hat das AG Pößneck unserer Argumentation folgend einen Erstattungsanspruch abgelehnt, weil die Verwaltungskosten schon in dem in der Darlehenszusage enthaltenen bestandskräftigen Verwaltungsakt (Bewilligungsbescheid) geregelt seien. Die entsprechende Klausel im Darlehensvertrag würde aber – so das Gericht – einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auch standhalten.
Die Gefahr, dass Kunden die Regelungen im Bewilligungsbescheid zu Verwaltungskostenbeiträgen u. ä. erfolgreich vor den Verwaltungsgerichten anfechten könnten, halten wir für gering. Bei den Verwaltungskostenbeiträgen handelt es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Abgabe, sondern um ein privatrechtliches Entgelt, welches durch den Bewilligungsbescheid auch nicht erhoben, vielmehr nur als Inhalt des noch zu schließenden Darlehensvertrages festgesetzt wird und damit den Umfang der durch das Darlehen gewährten Subvention mitbestimmt. Insoweit besteht für den Fördermittelgeber ein weites Gestaltungsermessen (vgl. VG Berlin, Urt. v. 19.03.2009 – 16 A 36.06).
Wir beabsichtigen daher derzeit nicht, beim Land die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Erhebung der Verwaltungskostenbeiträge anzuregen.
Die BayernLabo ist sich dieser Problematik bewusst, argumentiert jedoch vor den Gerichten mit den Förderrichtlinien, die die Erhebung der Bearbeitungskosten bzw. Verwaltungskostenbeiträge staatlich vorgeben. Die von Hannover vorgetragene Befürchtung, dass die vorliegende Rechtsprechung dazu führen könnte, dass sich zukünftig Kunden gegen die im Bewilligungsbescheid enthaltenen Regelungen zu Bearbeitungsentgelt und/oder Verwaltungskostenbeitrag wenden und aussichtsreich verwaltungsgerichtliche Klage erheben, ist jedoch durchaus berechtigt.
Es ist richtig, dass die Erhebung von Entgelten und Gebühren durch Verwaltungsakt gesetzlicher Grundlage bedarf und es hieran auch in Bayern mangelt.
Andererseits könnte man aus einer internen rechtlichen Begutachtung schließen, dass eine Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht unbedingt Aussicht auf Erfolg haben würde. Für die Vergabe von Subventionsdarlehen durch den Staat gilt die sog. Zweistufentheorie. Demnach entscheidet speziell bei dem Vergabeprozess in der Bayerischen Wohnungsbauförderung die Verwaltung (Bewilligungsstelle, d.h. Landratsamt oder kreisfreie Stadt) in einer ersten Stufe, ob das Darlehen zu gewähren ist. Diese Entscheidung ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen. In der zweiten Stufe verfügt die Verwaltung über eine Wahlrecht, ob die eigentliche Durchführung der Darlehensgewährung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich auszugestalten ist. Die Erhebung von Bearbeitungsentgelten erfolgt jedenfalls in Bayern bewusst in der zweiten Stufe, für die der Staat die privatrechtliche Handlungsform gewählt hat, denn die BayernLabo schließt mit ihren Kunden eigene privatrechtliche Verträge mit eigenständigen rechtlichen Verpflichtungen. Um eine solche, sich unmittelbar aus diesen Darlehensvereinbarung ergebende Verpflichtung handelt es sich gerade auch bei Verwaltungskostenbeiträgen. Zwar regeln die Wohnraumförderbestimmungen das ob der Erhebung von Verwaltungskostenbeiträgen, zu denen sie die BayernLabo faktisch verpflichten. Für den Darlehensnehmer entwickelt diese Verwaltungsvorschrift jedoch keine unmittelbare Wirkung, ebenso wenig wie der Bewilligungsbescheid den Darlehensnehmer zur Zahlung des Verwaltungskostenbeitrags verpflichtet. Die Zahlungsverpflichtung ergibt sich für den Antragssteller erst aus der Vereinbarung über die Darlehenskonditionen mit der BayernLabo.
Im Übrigen sind die Richterinnen und Richter des Amtsgerichts München, die sich mit der Zulässigkeit der von der BayernLabo bisher erhobenen Verwaltungskostenbeiträge befasst haben, stillschweigend von einer privatrechtlichen Streitigkeit ausgegangen. Der Rechtsweg wurde bisher nicht problematisiert. Um jedoch die Gefahr der Klagen vor dem Verwaltungsgericht schon von Anfang an gar nicht entstehen zu lassen, wurde von der BayernLabo bereits gegenüber der Obersten Baubehörde vorgeschlagen, den Verwaltungskostenbeitrag in die Zinskalkulation zu integrieren. Dies hat Obersten Baubehörde allerdings mit Verweis auf die für die BayernLabo durchgängig positiven gerichtlichen Entscheidungen abgelehnt.
Die Schaffung einer landesgesetzlichen Rechtsgrundlage wurde bisher noch nicht in Erwägung gezogen.
Die Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB) des Landes Schleswig-Holstein, bei denen es sich in rechtlicher Hinsicht um eine Verwaltungsvorschrift handelt, sind auch in Kiel in der sozialen Wohnraumförderung Rechtsgrundlage für die Erhebung von Bearbeitungsentgelten und Verwaltungskostenbeiträgen. Die Umsetzung erfolgt wie in Hannover in der öffentlich- rechtlichen Förderzusage (Verwaltungsakt) und im zivilrechtlichen Darlehensvertrag.
In der sozialen Wohnraumförderung lehnt Kiel die Erstattung der genannten Entgelte u. a. auch unter Hinweis auf die Bestandskraft der Verwaltungsakte ab. Allerdings stützt sich Kiel hierbei ausschließlich auf Urteile der Zivilgerichtsbarkeit, da bislang auch sämtliche Klagen gegen Kiel bei Amtsgerichten und dem Landgericht Kiel erhoben wurden. Gerade auch vor dem Hintergrund des von Hannover angesprochenen Problems, dass im Verwaltungsrecht für belastende Maßnahmen der Gesetzesvorbehalt gilt, hat Kiel kein Interesse an Entschei-dungen durch Verwaltungsgerichte.
Nach § 13 Abs. 2 des Investitionsbankgesetzes (IBG) wird das fachlich zuständige Ministeri-um ermächtigt, die einzelnen Amtshandlungen, für die Verwaltungsgebühren und Auslagen erhoben werden, und die Gebührensätze jeweils durch Verordnung zu bestimmen. Wegen der näheren Einzelheiten gelten diverse Regelungen des Verwaltungskostengesetzes des Landes Schleswig-Holstein entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten für die hier in Rede stehenden Entgelte bislang noch keinen Gebrauch gemacht.
Derzeit ist Kiel auch kein Fall bekannt, in dem Antragsteller innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Widerspruch gegen die Erhebung von Entgelten durch Kiel eingelegt hätten. Hinzu kommt, dass es nicht ausreichen würde, lediglich teilweise gegen den Verwaltungsakt Widerspruch einzulegen, da die Entgelte ja auch zivilrechtlich vereinbart werden. Solange aber der Darle-hensvertrag nicht geschlossen ist, kommt eine Valutierung des Darlehens nicht in Betracht.
Kiel würde nur dann über den Erlass einer Gebührenverordnung nachdenken, wenn Kiel wider Erwarten in den derzeit rechtshängigen Verfahren zur Erhebung von Entgelten in der sozialen Wohnraumförderung unterliegen sollte. Gesetze und Verordnungen unterliegen nämlich nach § 307 Abs. 3 BGB nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.
Auf der anderen Seite könnte allerdings auch im Falle einer Gebührenverordnung Wider-spruch gegen die Erhebung von Entgelten eingelegt werden, und zwar mit der Behauptung, die Gebührenverordnung stehe nicht im Einklang mit den gebührenrechtlichen Vorgaben des § 13 Abs. 2 IBG (etwa Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip).
In den bisherigen Beschwerdefällen vor dem Ombudsmann sowie in einer erssten anhängigen Zivilklage eines Kunden wurden gegen die Erhebung von VKB aus Gründen fehlender Ermächtigungsgrundlage bisher keine Einwendungen/Bedenken erhoben.
VKB-Grundlage in Brandenburg ist stets eine Landesförderrichtlinie. Sie regelt den Anlass für VKB und deren jeweilige Höhe. Das LG Potsdam sieht im anhängigen Fall nach klarer Äußerung in der mündlichen Verhandlung den Beschwerdeführer auch nicht als unangemessen benachteiligt und wird die Klage abweisen
Vor dem VG sind allerdings bislang keine der Beschwerdefälle anhängig gemacht worden; sämtliche Mahnbescheide enthalten den Verweis auf die Abgabe an die Zivilgerichtsbarkeit.
Nach § § 5 Landeswohnraumförderungsgesetz Baden-Württemberg erfolgt die Umsetzung des Förderauftrags auf der Grundlage der zur Umsetzung dieses Gesetzes aufzustellenden Förderprogramme
des Landes. Auf dieser Grundlage wurden bis 2012 in Baden-Württemberg bei den Förderdarlehen einmalige Verwaltungskosten und Geldbeschaffungskosten nach dem jeweils geltenden Landeswohnraumförderungsprogramm (Verwaltungsvorschrift)erhoben. Seit 2013 werden diese Kosten nicht mehr erhoben.
Bisher hatte die L-Bank zu diesen Gebühren keine öffentlich rechtlichen Streitigkeiten. Zivilrechtlich wurden hier zwar bereits Versuche gestartet, diese Gebühren zurückzufordern, bisher aber ohne Erfolg für den Darlehensnehmer. Insoweit wird von Karlsruhe kein Handlungsbedarf gesehen.